Warum lachen oder schmunzeln wir in solch einer Situation? Weil man das eben nicht macht: Apfelsaft mit einem Löffel zu sich nehmen? Und jemand nicht mehr begreift, wie man anständig isst beziehungsweise trinkt?
In der Philosophie hat das Lachen einen schlechten Ruf. Von der Antike bis in die Neuzeit herrschte die Ansicht vor, der Lachende bringe zum Ausdruck, dass er sich für besser halte als denjenigen, über den er lachte. So sah der englische Philosoph Thomas Hobbes (1588-1679) im Lachen «das plötzliche Gefühl der eigenen Überlegenheit angesichts fremder Fehler».
Jedes Lachen wäre demnach ein Auslachen. Kein lobenswertes Verhalten, im Gegenteil, eher ein Zeichen für einen schlechten Charakter. Der französische Schriftsteller Charles Baudelaire (1821-1867) erkannte im Lachen sogar «eines der offenkundigsten Anzeichen des Teufels im Menschen».
Offenbar sollte uns also ein schlechtes Gewissen packen, wenn wir über einen Menschen mit Demenz lachen, weil er etwas macht, das unseren Vorstellungen von einem angemessenen Verhalten nicht entspricht. – Aber ist es wirklich so einfach?
Darf ich das?
Fragen Sie sich auch manchmal, wie Sie sich im Umgang mit Menschen mit Demenz verhalten sollen? Sind Sie sich gelegentlich unsicher, was moralisch erlaubt und was verboten ist?
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Lachen lässt sich auch unschuldiger auffassen: Wir lachen, wenn wir etwas wahrnehmen, das unsere Erwartungen durchkreuzt. Viele Witze funktionieren so. Passt etwas nicht zusammen, platzen wir lachend heraus: Die alte Dame, die eben noch – so sah es aus – nicht selbstständig essen konnte und nun beherzt loslöffelt; der Apfelsaft, den man normalerweise trinkt und nicht mit einem Löffel zu sich nimmt. Ist ein solches Lachen nicht arglos?
Und überhaupt, die alte Frau merkt doch gar nicht, dass wir über sie lachen?! Wir tun also niemandem weh?! Obacht: Wer so denkt, begibt sich auf dünnes Eis. Auch wenn ein Mensch mit Demenz womöglich nicht sagt (oder nicht mehr sagen kann), dass ihn unser Gelächter stört und kränkt, lässt sich daraus keineswegs schliessen, er bekäme es nicht mit.
Wie wir zu ihm stehen, ob zugewandt oder ablehnend, spürt er sehr wohl. Und nimmt also auch wahr, wenn wir ihn auslachen.